Neu-Dephilon, einst Wahrzeichen des Traumes des dephilonischen Seekönigreichs eine Kolonie auf dem Festland zu gründen, ist nach mehreren gescheiterten Versuchen, sich als Hausmacht zu etablieren, zu einem herrenlosen, gesetzlosen Fleckchen Erde verkommen, in dem nun die dephilonische Söldnertruppe „Die Rote Hand“ unter ihrer Anführerin Cassilda das Sagen hat. Daher leiden nun die einheimischen Torfstecher unter der Herrschaft der raubeinigen Söldner, die sich nicht groß um Recht und Gesetz scheren, wie man es aus der zivilisierten Welt kennt. Scharlatane, Halsabschneider, Schmuggler, gescheiterte Existenzen und Sektierer aller Couleur, alle voran die Endzeitsektierer, die den Lehren des Ketzers Oswyck folgen, nutzen daher Neu-Dephilon als Zufluchtsstätte. Die Rote Hand lässt die Menschen gewähren, solange jeder sein Schutzgeld – ahem gemeint ist natürlich die lokale Steuer – entrichtet und nicht zu viel Unfrieden stiftet.
Doch nun scheint die Situation auch der Roten Hand über den Kopf zu wachsen. Nach einer alten Sage liegt nahe der Kolonie ein Drache im Wald unter der Erde in tiefem Schlaf. Vor einem Jahr mehrten sich die Zeichen, dass diese Sage nicht nur ein Fünkchen Wahrheit enthält, sondern dass unter der Asche des Vergessens eine bedrohliche Glut loderte. Die freien Echsen der Sümpfe, die viele ihrer Stammesbrüder ausgestoßen hatten, bemühten sich scheinbar darum, das Untier zu erwecken. Und der Erfolg dieser Bemühungen machte sich langsam bemerkbar. Eine Gruppe von Abenteurern um die Rittersfrau Ortwynne von Ogynæld versuchte mit einem Ritual den Drachen wieder einzuschläfern. Dies schien zunächst geglückt zu sein. Doch nun mehren sich die Gerüchte, dass es Anzeichen für ein baldiges Erwachen gibt. Die Menschen in dem Landstrich klagen über schreckliche Alpträume, in denen sie von einer Drachengestalt verfolgt werden. Die Nerven liegen blank, fast täglich kommt es zu blutigen Auseinandersetzungen. Ein Betreten des Waldes ist nicht mehr möglich, will man sein Leben nicht riskieren, scheinen doch die freien Echsen auf dem Kriegspfad zu sein. Immer wieder hört man aus dem Wald dumpfes Trommeln, als ob die Schamaninnen dunkle Werke vollbringen und zugleich ihre Krieger zum Kampf rufen. Und als sei dies alles nicht genug, kam es in den letzten Wochen vermehrt zu Erdbeben, deren Epizentrum im Wald vermutet wird. Ist also der Drache am Erwachen? Wurde bei dem Ritual letztes Jahr etwa ein folgenschwerer Fehler gemacht? Oder sind noch andere Kräfte am Werke? Was oder wer könnte denn noch gegen ein so mächtiges Wesen etwas ausrichten? Was kann noch getan werden, um das scheinbar Unvermeidliche aufzuhalten? Die Rote Hand ruft daher auf: „Höret! Höret! Helden, Recken, Söldner, Abenteurer, Magier! Neu-Dephilon, Zuflucht der Freiheitsliebenden und Freidenker, Hort der Verfolgten und Verfemten, frei von der Unterdrückung durch Adlige und ihre Knechte, steht vor der Zerstörung durch ein Untier, das sich in seiner Tollwut nicht auf diesen Landstrich beschränken wird. Wollt Ihr dabei zusehen, wie Acker für Acker, Wald für Wald, Dorf für Dorf dem Flammenmeer des Ungeheuers anheimfallen werden? Noch ist es nicht zu spät! Helft uns, und die Rote Hand wird sich in Gold und Silber erkenntlich zeigen, ganz zu schweigen von dem unermesslichen Ruhm, der jenen Helden winkt, die diese Gefahr vernichten. Gezeichnet Cassilda Cuello, Hauptfrau der Roten Hand“ Doch auch andere beunruhigende Gerüchte machen die Runde. So heißt es, dass der Kirche des Göttlichen Paares zu Æmberwyn die wichtige Reliquie der hochheiligen Cætlyn gestohlen wurde. Manch einer befürchtet, dass die götterlästerlichen Diebe sich im gesetzlosen Neu-Dephilon versteckt halten. Noch immer ungeklärt ist auch der Mord am ehemaligen Fürsten von Æmberwyn, Graf Fælwyn von der Brücken. Der Graf – vom König von Æmberwyn ins Exil verbannt – hatte sich auf dem Dephilonischen Convent unter Zusicherung der Wahrung des Friedensrechts eingefunden, aber wurde dann unter frevlerischen Bruchs desselben heimtückisch von Unbekannten gemeuchelt. Seither soll sein Geist nun ruhelos umhergehen. Viele Fragen sind offen: Warum erschien der ehemalige Fürst überhaupt auf dem Convent? Was oder wer steckte tatsächlich hinter dem Mord? Und kann seine Seele jemals Ruhe finden?