Höret, höret!

Es hat Seine Durchlaucht, Fælwyn von der Brücken, Fürst von Æmberwyn, folgendes kundzutun:

Um nach Jahren der Unruhe und des unterbrochenen Handels mit den südlichen Gefilden den Landstrich Elbyndæl wieder in sicheren Händen zu wissen, soll eben dieser zu einer Baronie erhoben werden. Dies Kronlehen soll umfassen: den Handelsposten Elbyndæl mit zugehörigem Zoll- und Steuerrecht, das Dorf Handelshofen und die alte Festung Bruinfurt. All dies Land und Gehöft und Volk soll dem neuen Freiherren zum Lehen gewährt werden. Doch es obliegen dem Freiherren auch schwere Pflichten. So ist es nicht nur sein Recht, sondern auch seine Pflicht den Zwölft zu fordern von reisenden Händlern und den Bauern und dem Fürsten seinen Teil zu geben. Und es obliegt dem Freiherrn die besondere Pflicht, die Grenze zum Alten Wald und die alte Handelsstraße sicher zu machen. Hierzu ist der Baron ermächtigt mit den Elben zu verhandeln, denen nunmehr der Alte Wald zum Lehen gegeben ist.

Die besondere Schwere dieser Aufgabe hat sich in den letzten Jahren erwiesen. Und so hat es Seine Durchlaucht, Fælwyn von der Brücken, Fürst von Æmberwyn, bestimmt, dass nur jener Mann oder jene Frau Freiherr von Elbyndæl wird, der diese Aufgabe meistern kann. Um dies zu entscheiden, hat Seine Durchlaucht, Fælwyn von der Brücken, Fürst von Æmberwyn, einen Wettstreit ausgerichtet, dem er und sein Gefolge höchstpersönlich beizuwohnen gedenken. Neben Turnier und Ritterspielen, in denen die Bewerber ihr Können im Umgang mit Schild und Waffe beweisen, müssen aber auch andere Herausforderungen gemeistert werden. Nicht nur stark und tapfer muss der neue Freiherr sein. Er muss auch Klugheit und Geschick in diplomatischen Verhandlung zeigen und ein Gefolge führen können. Nur wer in allen Wettkämpfen den Mitstreitern überlegen ist, wird auserwählt werden.

Doch Gelegenheit hierzu soll ein jeder Mann und eine jede Frau erhalten, die frei sind und eine Waffe tragen können. Unwichtig ist sonst ihr Stand, denn wer der Sieger dieses Wettstreits ist, den wird Seine Durchlaucht, Fælwyn von der Brücken, Fürst von Æmberwyn, zum Ritter schlagen, so er noch kein Ritter ist. So dass er einem Ritter das Lehen anvertrauen kann.

Auch dieses Mal sei das einfache Volk, Händler und Spielleute eingeladen, diesem Spektakel beizuwohnen.

 

                    Gezeichnet Seine Durchlaucht,

                      Fælwyn von der Brücken,

                        Fürst von Æmberwyn


Gerüchte:

Ja, Elbyndæl ist wieder ein belebter Marktflecken. Die Taverne Elbenfried von Meister Kwinn ist beliebt wie eh und je. Ein kleines Zeltstädtchen ist dort gewachsen, das Händler ebenso anzieht wie Abenteurer, die im Wald nach den verborgenen Schätzen der Elfen suchen wollen. Gerade jetzt hört man wieder, dass viele Söldner dorthin unterwegs sind, um sich den Wettstreitern um die Baronie anzubieten. Und nicht nur Krieger, auch Magier, Heiler und Alchemisten erhoffen sich guten Lohn, vielleicht gar eine feste Stellung an einem freiherrlichen Hof. Und der eine oder andere will möglicherweise sogar selbst antreten, um sich Ritter und Baron von Elbyndæl nennen zu dürfen. Aber man hört auch Unheimliches. Nächtens ist manchesmal Wolfsgeheul zu vernehmen. Und tags findet man dann zerstückeltes Vieh. Gar Menschen sind schon zu Tode gekommen, und grauslich waren sie zugerichtet.

Ach wie war es noch alles ruhig und beschaulich, als der alte Fürst noch regierte, so sinnieren sie, die Bauern der umliegenden Dörfer.

Ungern erinnern sich die Bewohner Æmberwyns zurück an jene dunkle Stunde vor zwei Jahren, in der ihr wohl geachteter Fürst Sieghelm vom Berg spurlos in Elbyndæl verschwunden ist. Nach dem weisen Ratschluss des Kronrates regierte von da ab Graf Fælwyn von der Brücken, der Hauptmann der fürstlichen Leibgarde, als Truchsess für ein Jahr, einen Mond und einen Tag. Doch alle Bemühungen den Fürsten zu finden, blieben vergebens. Und Schlimmes wurde über den alten Fürsten berichtet, was doch niemand so wirklich glauben wollte. Und obwohl sein Mörder gefaßt wurde, so ranken sich auch weiterhin düstere Geschichten um den Mord an dem fürstlichen Berater, dem Astrologen und Wahrsager Meister Wisgærd, der sich just kurz vor dem Verschwinden des Fürsten ereignete.

Der Truchsess besichtigte ein Jahr später selbst den Ort der mysteriösen Geschehnisse, den alten Handelsposten Elbyndæl, im Zuge der Übergabe des Alten Waldes als Lehen an die Elben und die Einweihung eines Gedenksteines für den verstorbenen Meister Wisgærd. Und wieder geschahen grausliche Morde, die niemand erklären konnte. So wurde eine einfache Leinenweberin mit durchgeschnittener Kehle gefunden und ihr ruheloser Geist erschien so manchen Reisenden, wie es heißt. Und eine rothaarige Elbe aus dem Gefolge von Prinz Liondir wurde ebenfalls im finsteren Wald erdolcht, ohne dass je eine Spur des Täters gefunden wurde. Ja, der Alte Wald. Viele düstere Geheimnisse scheint er zu bergen. Da ist es nur gut, wenn jetzt die Elben sich damit herumschlagen müssen, meinen die Bewohner der Marktflecken dieser unruhigen Gegend. Obwohl auch sie nicht wissen, ob man dem Elfenprinzen und dieser merkwürdigen weißen Elfe, die so unvermittelt erschien, trauen kann. Manche munkeln, sie sei eine böse Hexe, die den Wald krank gemacht hat. Unsinn sagen andere. Sie will dem Wald helfen. Gemeinsam hat sie mit Feenwesen den Wald von einer furchtbaren Krankheit geheilt und den Bäumen wieder Ruhe geschenkt. Nein, nein ruft einer, Kobolde haben das gemacht, jawohl, die guten Geister. Und der Truchsess und die Elfen haben sie dafür geehrt. Ja aber Kobolde sind doch Feenwesen, meint ein ganz Schlauer. Und alle spucken sich über die Schulter, damit kein Kobold zugehört hat und dachte, man wäre undankbar.

Doch was immer auch sich dort ereignet hat, ein Jahr, ein Mond, ein Tag sind vergangen. Nun, nach Ablauf der Frist, trat der Kronrat erneut zusammen. Die Fürstmarschälle versammelten sich wie immer zu diesem Anlass in der Lanzenfeste, der stärksten Burg, die der Tempel von Licht und Lanze Beorns ihm Dienste seines Herren regiert. Lange dauerte dieses Mal die Wahl des neuen Fürsten. Doch letztlich war es entschieden: Graf Fælwyn von der Brücken, der schon als Hauptmann der fürstlichen Leibwache und zuletzt als Truchsess Æmberwyn gedient hat, wurde feierlich zum neuen Fürsten erwählt. Die Krönungszeremonie fand in Lyndæl in der fürstlichen Burg statt. Man erzählt sich von einem großen, aber verhaltenen Fest, für Adel und einfaches Volk. Natürlich fragen sich alle, wer stand noch zur Wahl? Wer hat sich für den Truchsess entscheiden, wer gegen ihn? Aber man spekuliert natürlich aller Orten. Da gibt es den mächtigen Herzog von Hohenfels, der für den kriegerischen Grafen wohl schon immer etwas übrig hatte. Auf der anderen Seite hört man, die Magiergilde hielt sich bedeckt und die Priester des göttlichen Paares ebenso. Sie fürchten Krieg, so heißt es. Vielleicht nicht ganz zu Unrecht. Die Abgaben hat der neue Fürst erhöht und es werden mehr Burschen, Bauern und Handwerker gleichermaßen, zum Dienst mit der Waffe rekrutiert. Und wenn man das alles so hört, so meinen doch die meisten Æmberwynler, ist Politik eben nur etwas für das Bier am Abend, sonst könnte man es ja nicht ertragen.